Wieder ist ein Jahr rum. Aber diesmal gibt es eine Premiere zu feiern, denn an Silvester haben Bolti und ich unseren ersten Gotcha Day.
Ein Jahr! Mit meinem Hund!!
Ein Wunsch, den ich über so viele Jahre immer wieder aufgeschoben und verdrängt hatte und der dann doch ganz unverhofft in Erfüllung ging. Und irgendwie fühlte es sich von Anfang an so selbstverständlich an und ist doch gleichzeitig so besonders…
So viel haben wir erlebt und so viel durfte ich von Bolti lernen (und er hoffentlich auch von mir). Wir haben einander kennengelernt und sind trotz der ganzen Herausforderungen immer weiter zusammengewachsen. Ich werde sentimental, wenn ich sehe, wie schnell diese Zeit vergangen ist.
Gottseidank hatte ich auf ganz vielen unserer Abenteuer die Kamera dabei, und so will ich einige Highlights hier anhand von ein paar ausgewählten Bildern vorstellen:
Januar – Kennenlernen auf Island
Um kurz vor Mitternacht am Silvesterabend haben wir uns zum ersten Mal getroffen, ganz weit draußen auf dem Land, unter einem Himmel, der nur von Sternen und Nordlichtern erhellt war. Ihr seid erstmal durcheinandergepurzelt vor Freude, deine Mama, deine Schwester und du. Wie es Islandhunde eben machen, wenn Besuch kommt.
Seitdem bist du an meiner Seite. Durch Schnee und Eis sind wir zusammen gestapft. Ganz langsam haben wir Geschirr, Leine und erste Übungen eingeführt und uns ans Autofahren gewagt. In der zweiten Nacht hast du mir auf’s Bett gepinkelt und ich hab außerdem schnell gelernt, alles außer Reichweite zu räumen, was nicht deinen spitzen Zähnchen zum Opfer fallen soll.
Dann unsere ersten “richtigen” Ausflüge: Zu Lavafeldern und Felsburgen fast bis ins Hochland, über zugefrorene Flüsse und meterdicke Eisschollen am Meer, stets bei zweistelligen Minusgraden…
Aber auch mal in die “Zivilisation” und schließlich durch krassen Schneesturm zum Flughafen. Alle hast du da um den Finger gewickelt und uns damit einiges erleichtert ;-)
Februar – Unterwegs im Zwei-Kilometer-Radius
Es ist echt erstaunlich, wie man seine unmittelbare Umgebung völlig neu kennenlernt, sobald man einen Welpen bei sich hat.
Durchs Unterholz sind wir gestapft und haben alle noch so unscheinbaren Pfade ausprobiert. Du hast erste Sprünge über kleine Rinnsale gewagt und Zoomies im Raschelgras gekriegt. Und schon damals kapiert, was die Muddi von dir will, wenn sie den großen schwarzen Kasten mit dem Riesenauge vorne dran auf dich richtet. Zu der Zeit hast du auch entdeckt, daß der Wald voller spannender Wesen und ihrer Geruchsspuren ist…
Deine allerersten Hundefreunde hier waren allesamt ein Vielfaches größer als du, aber haben dich großzügig auf sich herumturnen lassen.
Und oooh, was hast du Sachen kaputtgemacht! Was hast du alles ausprobiert! Was habe ich alles recherchiert! Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich neben der Welpenschule damit verbracht habe, mehr über dich zu lernen, Bücher zu wälzen, “Was mache ich, wenn der Hund …” in die Suchmaschine einzugeben oder zwischen Über- und Unterforderung unterscheiden zu lernen. Und festzustellen, daß es zu jeder Expertenmeinung eine andere Expertenmeinung gibt, die genau ins Gegenteil geht.
Mit dem Lernen und Recherchieren habe ich bis heute nicht aufgehört…
März – plötzlich ein Halbstarker
Naja, so plötzlich war es nicht. Kurz vor deinem halbten Geburtstag hast du angefangen, dein Beinchen zu heben. Und irgendwie war aus dem tapsigen, flauschigen Welpen ein prächtiger Junghund geworden…
Deine Ideen wurden immer lustiger und deine Abenteuerlust immer größer. So machten wir neben den Hausrunden auch immer öfter mal Ausflüge in die nähere Umgebung.
Du hattest bereits ein stattliches Repertoire an Tricks gelernt und das Fotografieren war damals schon unsere Art, Impulskontrolle und Konzentration zu üben. Kopfablegen und auf Dingen stehen machst du nach wie vor am liebsten…
April – endlich Frühling!
Überall fing es plötzlich zu leben an, alles raschelte, flatterte und vibrierte. Manchmal zu viel für dich.
Irgendwann hast du auf einer aufgeweichten Wiese deine erste Maus erlegt. Und bald darauf die zweite. Und von da an beschlossen, das zu einer deiner großen Leidenschaften zu machen. Es liegt dir einfach in den Genen…
Das erste Mal waren wir in München im Englischen Garten. Dort hast du all die neuen Eindrücke in dich aufgesogen und dich erstaunlich gut benommen :-)
Mai – Pubertät und Achterbahn
Du hast mich immer öfter auf Kunden-Fotosessions begleitet und warst zum ersten Mal Coachingmodel. Meist hast du dich so vorbildlich benommen, daß wir begeistertes Lob geerntet haben. An anderen Tagen hast du mich wieder voll auf die Palme gebracht. Der ganz normale Junghund-Wahnsinn?!
Jedenfalls wurde immer deutlicher sichtbar, was für ein wunderschöner Rüde du wirst. Ein paar deiner Flausen im Kopf darfst du aber gerne noch ablegen… ;-)
Der Weiher wurde immer mehr zu unserem Lieblingsrevier, denn wie ich liebst du Wasser und außerdem kannst du dort nach Herzenslust frei laufen. Und langsam, ganz zaghaft, hast du dich auch ans Schwimmen gewagt.
Juni – Flucht vor der Hitze
Gottseidank haben wir hier genügend Wasser, wo man sich auf den Gassirunden die Füße kühlen kann. Ein paarmal sind wir aber auch Richtung Berge gefahren, denn dort zwischen Felsen, Schotterhängen und kaltem Bergbach bist du einfach in deinem Element. Und ich auch.
Du hast mir deutlich gezeigt, daß du kein Geschirrfan mehr werden willst, und so haben wir es eines Tages einfach abgelegt und mit dem Halsband weitergemacht.
Sommer – Abenteuer mit und ohne Muddi
Irgendwann mußte es passieren. Kaum daß du dich allein über die Leitzach getraut hast, war es deiner Meinung nach Zeit für ein Abenteuer ganz im Alleingang. Schnurstracks bist du in den Wald abgebogen, und rund eine Stunde später durfte ich dich ein paar Kilometer weiter wieder einsammeln. Deiner Plakette am Halsband und einer aufmerksamen Hundefrau sei Dank.
Die nächsten Tage warst du komisch drauf. Ich rätsele immer noch, was wohl zu der Zeit in deinem Köpfchen vorging und was du wohl während des Durchbrennens erlebt hast. Egal, Hauptsache du bist wieder da.
Abgesehen davon: Oh, was waren wir in den Bergen!
Das Mangfallgebirge und das Karwendel und einiges dazwischen haben wir unsicher gemacht, so oft es ging. Und einmal haben wir sogar die Bergbahn nach oben genommen, die dir echt suspekt war.
Du hast unterm Wasserfall posiert und endlich verstanden, daß du beim Schwimmen auch die Richtung wechseln kannst. Von da an gab es kein Halten mehr. Beim ersten Schwimmen im See warst du von deinem eigenen Mut überrascht, als du den Vögeln hinterher bist und plötzlich ganz schön weit vom Ufer weg warst… :D
Herbst – Zusammenwachsen und Festigen
Für Spielzeug und Futterdummies hat du dich draußen nie großartig interessiert, aber ganz allmählich hast du gemerkt, daß Zergeln oder Toben und Rennen mit Muddi auch richtig Spaß machen kann.
Und als es kälter wurde, hast du doch noch das Schmusen für dich entdeckt. Immer öfter kamst du nachts aufs Bett und immer länger bist du liegengeblieben. Manchmal hast du mir auch den Bauch hingestreckt und mich zum Knuddeln aufgefordert. Das machst du mittlerweile auch tagsüber immer mal wieder…
Tja, und plötzlich warst du selbst der große Bruder. Oder Cousin oder so. Eine Freundin hatte einen Welpen in ihr Leben geholt und ich habe plötzlich gemerkt, was wir schon alles gemeistert, gelernt und überstanden haben. Und wo du doch, trotz aller deiner Späßchen, schon ganz schön vernünftig geworden bist.
Dezember – der erste Wintereinbruch
Wer hätte das gedacht: Pünktlich zu Anfang Dezember kam der Winter.
Und zwar so richtig! Über Nacht hatte es so viel geschneit, daß du teilweise richtig abgetaucht bist. Und streckenweise freiwillig hinter mir gegangen bist, um nicht selbst spuren zu müssen. Während manche anderen Hunde gar nicht mehr vor die Tür wollten, war es bei uns umgekehrt… :-)
Fazit – eine wilde, wunderschöne Reise
Seit meiner Kindheit habe ich privat mit Hunden zu tun und seit vielen Jahren beruflich. Aber was für eine Monsteraufgabe es ist, einen Junghund (und vor allem einen hochsensiblen, sehr lebhaften und sehr selbständigen) von Welpenbeinen an zu erziehen, das hätte ich mir nie träumen lassen.
Es ist anstrengend, es ist wild, und manchmal ist es zum Verzweifeln. Aber genauso ist es auch wunderschön, zutiefst erfüllend und total faszinierend, dieses zarte Band zwischen uns wachsen zu sehen. Zu beobachten, wie der Hund seine Persönlichkeit entwickelt und wie man sich nach und nach immer besser kennenlernt.
So viel mehr hätte ich hier noch schreiben können und dir doch nicht gerecht werden. So viele weitere Lieblingsbilder zeigen. Aber der Artikel ist gefühlt eh schon viel zu lang.
Eins ist jedenfalls sicher:
Du bist der verrückteste, wildeste, schnuffeligste, flauschigste, neugierigste, mutigste… einfach boltilinöseste kleine Hundejunge, der mir je passieren konnte, und genauso muß es sein.
Ich freue mich auf noch viele gemeinsame Jahre mit dir, Bolti minn <3