In dieser neuen Blogserie stelle ich ungewöhnliche Menschen in und um München vor, die in der “Tierbranche” (urgs, was für ein Wort!) tätig sind.
Heute darf sich die Dogwalkerin und Tiertrauerbegleiterin Kyra Haferkamp aus München meinen Fragen stellen. Auf Kyra wurde ich über eine Kundin aufmerksam, folge ihr seither auf Instagram und freue mich jedes Mal über ihre originellen Dogwalk-Berichte sowie ihre einfühlsamen Texte zum Thema Verlust und Trauer…
Liebe Kyra, was bringst du in die Welt und warum?
Zweierlei. Meinen Dogwalkingservice „Die Spaziergäng“, weil es für mich nichts Erfüllenderes gibt als die Arbeit mit Tieren, erst recht in gemeinsamer Bewegung in schönster Natur.
Und bald auch mein Tiertrauerunternehmen „Ciao Bello“, mit dem ich bewirken will, dass Menschen, deren geliebtes Tier gestorben ist, in ihrem Schmerz nicht nur wahr-, sondern auch ernst genommen und auf ihrem Weg aus der akuten Trauer unterstützt werden.
Wie kamst du dazu? Gibt es eine Gründungsstory?
Der unerwartete Tod meines Vaters 2018 hat mir verdeutlicht, dass das Leben zu kurz ist, um es in Jobs, die einem – außer einem monatlichen Gehalt und einem bisschen Prestige – nichts geben, zu verbringen.
Er starb im März, ich habe im Mai gekündigt, hatte im Juli meinen letzten Arbeitstag und habe im Oktober die „DOGizil Hundetagesbetreuung“ gegründet. 2022 stand mir der Sinn nicht mehr nach Immobilie und Personal und so wurde aus der Hundetagesstätte ein mobiler Gassiservice namens „Die Spaziergäng“.
Durch den Verlust meines Vaters wurde mein Interesse an den Themen Sterben, Tod und Trauer geweckt. Über die Jahre hat es sich zu einer richtiggehenden Faszination für alternative Herangehensweisen an den Umgang mit Verlusten entwickelt, etwa die Arbeit moderner Bestatter:innen.
So kam es, dass ich im Sommer 2023 aus reiner Neugierde ein 5-wöchiges Praktikum bei Plan B Bestattungen in Regensburg gemacht habe – eine unheimlich inspirierende Zeit, aufgrund derer ich im September 2023 eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin bei Vergiss Mein Nie angefangen habe. Einfach so, für mich, als Herzensangelegenheit, weil mich die Begegnungen mit Trauernden während des Praktikums sehr bewegt haben und ich mehr über Trauer und Möglichkeiten, ihr konstruktiv zu begegnen, lernen wollte.
Teil meiner Ausbildung war das Thema Tiertrauer, und so begann in mir eine Idee heranzureifen. Was, wenn ich mein etabliertes „Hundebusiness“ um diese, wie ich finde, wichtige und bisher kaum beachtete Säule ergänze? „Ciao Bello“ war geboren.
Was machst du anders als der nächste Anbieter?
Ich bin eine der wenigen Dogwalker:innen in Deutschland, die bindungsorientiert und belohnungsbasiert arbeiten. Ein gewaltfreier Umgang mit Hunden ist für mich nicht verhandelbar. Bei mir gibt es keinen Leinenruck, keine Raumverwaltung, keine Drohgebärden. Stattdessen setze ich auf wertschätzendes Handeln, Co-Regulation und positive Verstärkung – und ich bilde mich unentwegt fort.
„Den nächsten Anbieter“ in Sachen Tiertrauer gibt es nicht wirklich, da die Professionalisierung in diesem Bereich bisher eine absolute Randerscheinung ist. Selbst Tierbestatter haben kaum Fachwissen zum Thema Tiertrauer.
Gesamtgesellschaftlich wird Trauer um verstorbene Tiere eher belächelt und gerne mal mit Kommentaren wie „es war doch nur ein Hund“ oder „hole Dir doch eine neue Katze“ abgetan. Die tiefe Verbindung zwischen Mensch und Tier und die große Lücke, die es hinterlässt, wenn es stirbt, wird dabei vollständig verkannt.
Mit „Ciao Bello“ möchte ich Tiertrauer als „echte“ Trauer in die Mitte der Gesellschaft holen und Menschen, die ihr geliebtes Tier verloren haben, eine Anlaufstelle bieten, in der sie in ihrem Schmerz gesehen und gehört werden.
Welche Leute und Hunde sind bei dir besonders gut aufgehoben / machst du besonders glücklich?
In der „Spaziergäng“ mache ich Menschen besonders glücklich, die ihren Hund liebevoll betreut wissen wollen sowie Hunde, die Freude an Bewegung und Lust auf Interaktion haben.
Bei „Ciao Bello“ sind Menschen besonders gut aufgehoben, die der Verlust ihres Tieres aus der Bahn wirft und die sich trauen, ihren Trauerschmerz zuzulassen und offen mit ihm umzugehen.
Welcher Hund und welche Erfahrung in deinem Leben hat dich besonders geprägt?
Die Hundeliebe meines Lebens, meine 14 Jahre alte Hündin Mae ebenso wie meine bald 5 Jahre alte Hündin Kili, die aufgrund ihrer vielschichtigen Verhaltensproblemen zu meiner größten Lehrmeisterin geworden ist.
Wofür bist du besonders dankbar?
Für meine Affinität zu Tieren, weil sie mein Leben tagein, tagaus mit vielen kleinen Freudenmomenten füllt
Du bekommst für eine Woche die Möglichkeit, ein großes Plakat an einem Ort deiner Wahl aufzuhängen. Wo hängst du es auf und was steht drauf (mit anderen Worten: Was ist deine Botschaft an die Welt)?
Am Times Square in New York vom 24. bis 31. Dezember:
BE THE PERSON YOUR DOGS THINK YOU ARE
Der Fragen-Joker: Wenn du möchtest, stell dir selbst eine Frage und beantworte sie ;-)
Mit welchen drei Worten würden Deine Hunde Dich beschreiben?
- Leckerli-Automat
- Safe Place
- Gassiqueen
Mit welchen drei Worten würden Deine Freund:innen Dich beschreiben?
- Hundeverrückt
- Mutig
- Verdammt ordentlich
Wo findet man dich online:
Instagram:
die.spaziergaeng & ciaobello.tiertrauer
Auf meinen Websites:
die-spaziergaeng.de & ciaobello-tiertrauer.de
Liebe Kyra, vielen Dank für das sehr interessante Interview und viel Erfolg weiterhin bei allem, was du machst! :-)
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