“Texte deinen Hund nicht zu” vs. “Erklär ihm immer alles”.
“Laß ihn für sein Futter arbeiten” vs. “Futter muß immer bedingungslos gegeben werden”.
“Laß ihn nie deine Zehenspitzen überholen” vs. “Gib ihm doch mehr Freiheit an der Leine”.
“Schau ihn nicht die ganze Zeit an” vs. “Bestätige ihn sofort, wenn er deinen Blick sucht”.
…
Wer nicht erst seit gestern mit Hundeerziehung beschäftigt ist, wird schon bemerkt haben, daß es für jeden Tip und jeden Ansatz eines Hundetrainers einen anderen Hundetrainer gibt, der genau das Gegenteil empfiehlt.
Seit ich selbst Hundemama bin, bekomme ich ständig solche gegensätzlichen Meinungen zu hören. Ganz abgesehen von denjenigen, die bei Zufallsbegegnungen irgendwo da draußen ihr “Wissen” ohne jegliche Qualifikation und vor allem ungefragt zum Besten geben.
Letzte Woche ging ein Posting auf Facebook viral, und die Retourkutsche erfolgte prompt. Was für eine tolle Gelegenheit, um auch hier mal dazu Stellung zu beziehen ;-)
Denn was mir heutzutage echt auf den Senkel geht (und zwar bei weitem nicht nur in der Hundewelt), ist die Tatsache, daß wirklich ALLES zur Religion erklärt wird. Schwarz oder weiß. Ganz oder gar nicht. Die oder wir. Das fängt bei der eigenen Ernährung an und hört beim Hundefutter noch längst nicht auf.
Wann haben wir die Fähigkeit (oder den Willen) verloren, über den Tellerrand zu blicken? Warum igeln wir uns lieber in unserer eigenen Echokammer ein und verteufeln alles, was versucht, von außen durchzudringen? Seit wann interessiert uns nur noch, wer recht hat, statt was richtig ist?
Gerade in Zeiten algorithmenbasierter Meinungsbildung ist es wichtiger denn je, daß wir miteinander im Austausch bleiben. Auch und gerade dann, wenn wir verschiedener Meinung sind. Daß wir die eigene Filterblase permeabel halten und einen gesunden Diskurs führen, statt nur aufeinander einzuhacken. Und das am besten live und in 3D, statt nur in der Anonymität des Netzes.
Denn was passiert, wenn wir das nicht tun, erleben wir gerade überall auf der Welt, wo Demokratien gefährdet sind – leider längst nicht mehr nur jenseits des großen Teichs.
Aber bevor es hier zu politisch wird, sei hier einfach eine Bitte an alle da draußen gerichtet, ob nun mit oder ohne Hund:
Laßt uns miteinander im Gespräch bleiben und einsehen, daß nicht für Jeden in jeder Situation das Gleiche funktioniert. Laßt uns einander zuhören oder doch zumindest versuchen, nicht der ganzen Welt das eigene Dogma aufzudrücken. Laßt uns respektvoll bleiben und stets dran denken, daß es zwischen Schwarz und Weiß noch ganz viele Abstufungen gibt.
Und im Zusammenhang mit Hunden und anderen Tieren: Laßt uns auch das eigene Bauchgefühl trainieren und zu Wort kommen. Denn in unserer verkopften Welt vergessen wir eines allzu gern:
Daß in der Kommunikation mit unseren Tieren manches Signal am besten seinen Weg findet, wenn es nicht erst den Umweg über’s menschliche Großhirn nehmen muß.
Liebe Grüße von einer, die sich bemüht, ihren wilden Jungspund zu einem anständigen Vierbeiner zu erziehen, sich dabei nicht auf eine Lehre festlegt und auch ihre Intuition nicht zu kurz kommen lassen will.